Mehrere Cochrane Reviews befassen sich bereits mit Interventionen zur Palliativversorgung. Diese wurden im September 2024 durch die Veröffentlichung einer neuen Übersichtsarbeit über psychedelika-assistierte Therapie ergänzt. In diesem Podcast erzählen uns zwei der Autoren, Sivan Schipper vom Spital Uster und Christopher Böhlke vom Universitätsspital und Palliativzentrum Basel, beide arbeiten in der Schweiz, von der Behandlung und den Ergebnissen dieser Übersichtsarbeit.
Mehrere Cochrane Reviews befassen sich bereits mit Interventionen zur Palliativversorgung. Diese wurden im September 2024 durch die Veröffentlichung einer neuen Übersichtsarbeit über psychedelika-assistierte Therapie ergänzt. In diesem Podcast erzählen uns zwei der Autoren, Sivan Schipper vom Spital Uster und Christopher Böhlke vom Universitätsspital und Palliativzentrum Basel, beide arbeiten in der Schweiz, von der Behandlung und den Ergebnissen dieser Übersichtsarbeit.
Sivan: Hallo Christopher. Beginnen wir mit einer kurzen Einführung in die psychedelika-assistierte Therapie. Worum handelt es sich und wann wird die Therapieform verwendet?
Christopher: Hallo Sivan. Bei der psychedelika-assistierten Therapie, kurz PAT, werden psychedelisch wirkende Medikamente wie Psilocybin, LSD oder MDMA eingesetzt, um unter therapeutischer Aufsicht veränderte Bewusstseinszustände hervorzurufen. PAT hat in den Medien viel Aufmerksamkeit erregt, da mehrere klinische Studien eine Wirksamkeit bei der Linderung häufiger psychiatrischer Erkrankungen wie Depressionen oder posttraumatischer Belastungsstörung belegen. Wichtig ist, dass PAT im Rahmen vorbereitender Therapiesitzungen vor der psychedelischen Erfahrung und den integrativen Therapiesitzungen danach durchgeführt wird.
Sivan: In unserem systematischen Review haben wir uns mit der Anwendung von PAT bei Menschen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen befasst. Warum könnte sie in dieser Situation hilfreich sein?
Christopher: In der Palliativmedizin versuchen wir, das Leid von Patientinnen und Patienten mit schweren, oft unheilbaren Erkrankungen zu lindern. Dazu gehört eine Kombination aus Symptommanagement, psychologischer Unterstützung und anderen Therapieformen. Angstzustände, Depressionen und existenzielle Not sind für Menschen, die mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert sind, häufig sehr belastend, doch medikamentöse Interventionen sind insbesondere am Lebensende nur begrenzt wirksam. Es besteht ein offensichtlicher Bedarf an neuen, effizienteren und schnell wirksamen Interventionen für Patienten, die nicht mehr so viel Lebenszeit haben. Vielversprechende klinische Forschungen in den 1960er und frühen 1970er Jahren deuteten auf ein therapeutisches Potenzial für die Behandlung krebsbedingter Belastungen mit Psychedelika hin. Diese Forschungsarbeit wurde aus mehreren Gründen gestoppt, begann jedoch Anfang der 2000er Jahre wieder im Rahmen der sogenannten "psychedelischen Renaissance".
Sivan: Was uns zu den Ergebnissen der Übersichtsarbeit führt. Kannst Du bitte darüber sprechen, was wir gemacht haben und warum?
Christopher: Wir wollten herausfinden, ob PAT Angstzustände, Depressionen und existenzielle Not lindern kann und ob sie mit unerwünschten Wirkungen oder Gefahren verbunden ist. Wir haben einige vielversprechende Ergebnisse gefunden, es besteht jedoch weiterhin Forschungsbedarf.
Sivan: Lass uns das etwas eingehender besprechen. Wonach haben wir gesucht und was haben wir herausgefunden?
Christopher: Wir haben in der medizinischen Literatur nach hochwertigen klinischen Studien gesucht, die den Einsatz von LSD, Psilocybin oder MDMA bei Patienten mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zur Behandlung von Angstzuständen, Depressionen und existenzieller Belastung untersuchen. Wir fanden sechs Studien, in denen drei Psilocybin testeten, zwei LSD und eine MDMA-gestützte Therapie. Insgesamt wurden 149 Erwachsene rekrutiert, und die meisten Studien hatten eine Nachbeobachtungszeit von 6 bis 12 Monaten.
Sivan: Und wie sehen die Ergebnisse aus?
Christopher: Die derzeit verfügbare Evidenzbasis zeigt, dass PAT mit den klassischen Psychedelika (Psilocybin und LSD) im Vergleich zu (aktivem) Placebo zu einer Verringerung von Angstzuständen und einer Verringerung von Depressionen führen kann. Unser Vertrauen in die Effektschätzung ist jedoch begrenzt und sie könnte sich erheblich ändern, wenn weitere Studien durchgeführt werden. PAT mit klassischen Psychedelika kann möglicherweise auch existenzielle Belastungen verringern, die Evidenz dafür ist jedoch sehr unsicher. Für PAT mit MDMA sind die Daten zu Angstzuständen oder Depressionen nicht schlüssig; existenzielle Not wurde nicht untersucht. Insgesamt verursachten die Medikamente wenige und leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen, die verschwanden, wenn die Medikamentenwirkung nachließ oder in den Tagen danach.
Sivan: Danke, Christopher. Vielleicht kannst Du abschließend erläutern, warum wir hinsichtlich der Ergebnisse unsicher sind und wie Hörer auf die Übersichtsarbeit zugreifen können?
Christopher: Danke Sivan. Unser mangelndes Vertrauen in die Ergebnisse ist auf mehrere Einschränkungen in den Studien zurückzuführen. Zum einen waren die Verblindungsverfahren größtenteils wirkungslos, da die Teilnehmenden sich der Behandlung, die sie erhielten, bewusst wurden. Das könnte die Ergebnisse beeinflusst haben. Zum anderen waren die Studien klein. Vielversprechend ist jedoch, dass aktuell sieben Studien laufen, die die Evidenzbasis für PAT erweitern werden und unsere Schlussfolgerungen ändern könnten. Die Übersichtarbeit ist auf der Website ‚CochraneLibrary dot com mit dem Suchbegriff "psychedelic-assisted therapy in life-theatnening diseases" zu finden.